Comics im Unterricht

Comics im Unterricht
30
Sep

Als Houghton Townley am 17. Mai 1890 ein Heft mit gezeichneten Geschichten unter dem Namen „Comic Cut“ veröffentlichte, konnte noch niemand ahnen, welchen Erfolg derartige Bildergeschichten in den kommenden Jahrzehnten haben würden.Ob Popeye, Tim und Struppi, Mickey Maus oder Asterix und Obelix – längst haben Comics auch Einzug in den Bildungsbereich gehalten. Im Deutsch- und Fremdsprachenunterricht, in Geschichte und Politik ebenso wie in den Sachfächern erfahren die attraktiven Bilder vielseitige Anwendungsmöglichkeiten, um Sachverhalte zu veranschaulichen, Leerstellen zu schaffen oder kreative Schülerlösungen zu ermöglichen.

Comics bestehen aus Schrift-, Zeichen- und Bildkomponenten, die üblicherweise in sogenannten Panels angeordnet und in eine Gesamterzählung eingebettet sind und in Graphic Novels sogar nahezu romanähnlichen Umfang haben können.

Bildergeschichten, wie beispielsweise e.o. plauens Vater-und-Sohn-Geschichten, vermitteln eine Handlung ausschließlich durch eine Aneinanderreihung von Bildern. Obwohl Textelemente völlig fehlen, sind die Situationen und Geschichten leicht verständlich und meist äußerst unterhaltsam.  Dies erfordert von den Rezipienten eine Wahrnehmungsleistung, die über das reine Erfassen von Bildern hinausgeht. Der Leser muss kausale Zusammenhänge erkennen und verstehen und bei jedem weiteren Bild berücksichtigen. Gerade hier sind es die Leerstellen, die zwischen einzelnen Bildern entstehen, welche die kognitiven und kreativen Prozesse fördern.

Ungeachtet der Tatsache, dass einzelne Bilder eigentlich unbewegt sind, glauben wir als Betrachter dennoch eine Bewegung wahrzunehmen. Diese entsteht durch die Wechselwirkung der einzelnen Bilder und suggeriert uns eine Dynamik, die durch puren Text schwer zu erreichen ist. (Der Experte spricht hier von der sogenannten Closure-Leistung unseres Gehirns.)

Einsatzmöglichkeiten

Folglich eignen sich Comics, Graphic Novels und Bildergeschichten per se besonders für den kreativen Deutsch- und Fremdsprachenunterricht. Durch die besondere „literarische“ Form bekommen klassische Texte eine neue Perspektive und ermöglichen damit auch eine besondere Form der Interpretation. Die Lernenden entwickeln bei der Beschäftigung mit Comics fast nebenbei eine besondere Form der Lesekompetenz, die beispielsweise auch für das Verstehen von bewegten Bildern von großem Nutzen ist.

Auch in historischen Kontexten und beim Erfassen und Verstehen von gesellschafts-wissenschaftlichen wie politischen Themen lassen sich Comics gewinnbringend einsetzen. Nicht nur als illustratives Beiwerk bei „leichten“ Themen, sondern auch, um mit Tabus zu brechen und dem Unaussprechlichen Raum zu geben – man denke nur an Art Spiegelmanns „Maus, a Survivor’s Tale“, in dem die Konsequenzen des Wegsehens im Rahmen einer Fabel illustrativ und eloquent dargestellt werden – eignen sich Comics besonders gut.

Selbst der naturwissenschaftliche Unterricht kann von Comics und Bildergeschichten profitieren, und dies nicht nur zum heiteren Stundeneinstieg, sondern auch um komplexe Inhalte oder Versuchsanordnungen zu veranschaulichen.

Voraussetzungen, Tablets und Apps

In unserem Workshop werden wir Ihnen einerseits Beispiele aus dem Unterricht zeigen, andererseits exemplarisch erklären, wie mit verschiedenen Apps und Programmen, beispielsweise „ComicLife“ (erhältlich für iOS, Mac und Windows), einfach und schnell entweder bestehende Comics modifiziert oder aber eigene Comics schnell und einfach selbst geschaffen werden können.

Über die Dozenten

Michael Reder ist Lehrer für Englisch und Sport am Wildermuth-Gymnasium Tübingen und medienpädagogischer Berater im Kreismedienzentrum Tübingen. Er ist Autor von Fachartikeln in beiden Fächern und Co-Autor mehrerer Werke zur Medienbildung.

Thomas Rudel ist Leiter des Kreismedienzentrums Tübingen und Lehrer für Geographie und Deutsch am Uhlandgymnasium Tübingen. Er ist Co-Autor einiger Lehrwerke zur Medienbildung und für den Deutschunterricht.