Creative Storytelling im Fremdsprachenunterricht

Creative Storytelling im Fremdsprachenunterricht
2
Nov

Schon seit Urzeiten erzählen sich Menschen Geschichten. In frühen Zeiten geschah dies noch am Lagerfeuer und in mündlicher Form. Über die Jahre haben sich immer weitere Medien herausgebildet: vom Papyrus zum Papier, vom Wort zur Schrift und dem Druck, von kurzen Erzählungen hin zu Zeitungsartikeln, Büchern, Radiosendungen, TV-Programmen, Kinofilmen, Computerspielen, Tweets etc. Dabei fußen die neuen Medien auf alten Erzähltechniken und -praktiken, die an die neuen Anforderungen angepasst wurden. Das zeigt, wie viel Potenzial nach wie vor in Erzählungen und im Erzählen selbst liegt.

„Was Hänschen nicht lernt…“, dieses alte, aber immer noch aktuelle Diktum lässt sich auf viele Lebensbereiche anwenden, unter anderem auf die Lesebegeisterung bei Kindern und Jugendlichen. Trotz Digitalisierung und der damit einhergehenden Veränderungen in der Medienrezeption, hat sich das Leseverhalten der Jugendlichen laut der jährlichen JIM-Studie in den zehn Jahren nicht verändert: Etwa 40% der 12-19-jährigen lesen mehrmals pro Woche. Leider fallen darunter viele Schüler, deren Lektürekanon sich praktisch nur auf die im schulischem Kontext gelesenen Werke beschränkt.

Im Zeichen des digitalen Fortschritts

Im digitalen Zeitalter wird das Buch in gedruckter Form immer mehr von E-Book-Reader, Tablets, Smartphones und Laptops verdrängt. Immer mehr Menschen greifen darüber hinaus zu Hörbüchern, die inzwischen auch von Streaming-Portalen wie Spotify angeboten werden. Viele Schüler verbringen inzwischen mehrere Stunden täglich im Internet, meist mit mobilen Endgeräten. Dabei lesen sie auch dort größere Mengen an Texten – von Artikeln, über Tutorials, Listen bis hin zu Facebook-Posts – mit denen sie häufig auch durchs Kommentieren oder Teilen in Interaktion treten. Aufgrund der globalen Ausrichtung des Internets kommen sie dadurch zwangsläufig auch mit fremdsprachlichen Texten in Berührung.

„Students will tell you that they don’t like reading, but this is simply not true. Today’s connectivity means students are reading all the time, because they are fully engaged in comments and narratives about people.“

(Zitat von der Klett-Online-Fortbildung “A Young Person Who Reads Becomes an Adult Who Thinks”).

Reading / Telling – eine Herausforderung auch für Lehrkräfte

Es liegt nun nahe, die Aspekte Erzählen und Digitalisierung miteinander zu verknüpfen. Doch welche Möglichkeiten gibt es, Schüler (weiterhin oder überhaupt) zum Lesen und Erzählen zu bringen? Dabei sollten die neue Medien nicht zum Selbstzweck verkommen. Ihr Einsatz allein steigert weder die Qualität des Unterrichts noch die des heimischen oder mobilen Lektüreerlebnisses per se. Zugleich sollte der Begriff (story-)telling im schulischen Kontext nicht allein auf gedruckte, kanonische Literatur angewendet werden, sondern auf sämtliche verfügbaren Formen des reading / telling.

Reading / Telling goes digital…

Nicht erst seit dem Lehrplan Plus mit seinem kompetenzorientierten Ansatz, ist es im Fremdsprachenunterricht verpönt, ausschließlich mit pattern drill zu arbeiten, also isolierte, dekontextualisierte Einzelsätze („Satzleichen“) als Beispiele für neue grammatikalische Strukturen zu benutzen. Eine (Fremd-)Sprache in sinnvollen Zusammenhägen darzubieten ist nicht nur praktisch, sondern sollte selbstverständlich sein und ist für die Schüler auch sehr viel spannender. Mehrkanaliges Vermitteln von Lernstoff dient einer besseren Verankerung – die Komponente der Semantik trägt zusätzlich zur „Fossilisierung“ bei.

Bei kreativen, digitalen Herangehensweisen können neben den bekannten Methoden wie der Online-Recherche, auch andere Möglichkeiten gewählt werden:

  • „Micro Fiction“ per Twitter – also „Stories“ mit begrenzter Wortanzahl
  • selbst erstellte Apps mit Hilfe von „App Makers“
  • selbst erstellte Comics mit Hilfe von „Comic Makers“
  • selbst erstellte „Text Adventures“, das heißt non-lineare Erzählungen
  • „Rewrites“ bekannter Literatur
  • „Quizzes“
  • Umfragen / Abstimmungen / Brainstorming / „Word Clouds“ zu Literatur im Klassenzimmer in Echtzeit
  • Vertonung selbst erstellter Erzählungen mit „text-to-speech-tools“
  • Visueller Umsetzung von „Plots“
  • interaktive Online-Erzählungen

Über den Workshop

Im Workshop möchte Markus Rauscher zeigen, wie man Schüler dazu motiviert, eine höhere Bereitschaft für das Lesen und Sprechen durch storytelling zu entwickeln. Er informiert über die Verwendungsmöglichkeiten von digitalen Tools für Lehrer und Schüler und präsentiert Beispiele aus der eigenen Unterrichtspraxis sowie grundlegende Techniken, wie man selbst derartige Projekte – in den meisten Fällen kostenlos – realisieren kann. Traditionelle Unterrichtsformen und –methoden sollen dabei selbstverständlich ihren verdienten Stellenwert behalten, digitale Formen werden als sinnvolle Ergänzung gesehen: Schüler sind in vielen Stunden pro Tag digital erreichbar, dieses Potential kann und soll sinnvoll genutzt werden. Zudem sollen eigene Erfahrungen der Teilnehmer diskutiert werden und die Thematik des creative storytelling bereichern.

Über den Dozenten

Markus Rauscher ist seit 2001 Lehrer und unterrichtet die Fächer Englisch, Französisch und Informatik. Derzeit ist er am oberbayerischen Gymnasium Waldkraiburg tätig. Da er sich seit mehr als 30 Jahren intensiv mit Computertechnik und dem Programmieren befasst, gilt sein Interesse schon immer auch dem Einsatz digitaler Medien im Fremdsprachenunterricht, u.a. mit „Mebis“, „Hot Potatoes“, Musikvideoclips, div. Flash-Animationen, learningapps.org oder selbstgeschriebenen Programmen. Im Fremdsprachenunterricht nutzt er gerne – wo sinnvoll – Apps „to go“, Tools zum Erstellen von Apps und weitere digitale Assistenten, die den Anforderungen eines modernen Fremdsprachenunterrichts mit den derzeitigen digitalen Möglichkeiten Genüge leisten sollen.