Math 42 – Gründer im Gespräch

Math 42 – Gründer im Gespräch
18
Nov

Mathematikunterricht ist nicht immer einfach vermittelbar. Das spüren Lernende und Lehrende gleichermaßen. Raphael und Maxim Nitsche, zwei Brüder aus Berlin, haben sich dieses Problems angenommen und kurzerhand eine iOS-App programmiert, die Algebra-Aufgaben nicht nur löst, sondern auch jeden Rechenschritt darstellt und erklärt. Zurzeit gehört diese App zu den meistgenutzten Bildungs-Apps – nicht nur in Deutschland.

Maxim, du hast gemeinsam mit deinem Bruder Raphael Math 42 gegründet und entwickelt. Wann hattet ihr die Idee dazu und wie konntet ihr sie umsetzen?

Die Idee zu Math 42 kam Ende 2009, nachdem das iPad aufkam und ich wusste, dass dies die Bildung in ihren Grundfesten erschüttern und verändern würde. Wir waren damals 14 und 15, hatten weder Knowhow noch Erfahrung. Wir wussten aber, dass unser Vater beides hat, und haben ihn dazu bewegen können, Math 42 mit uns zu entwickeln.

Was begeistert euch an Mathematik?

Das wundervolle an der Mathematik ist, dass sie kulturneutral ist: 1 + 1 = 2, egal ob man in China oder Deutschland ist. Sie ist klar aufgebaut und verständlich, wenn man die Grundregeln gemeistert hat. Die wenigsten sehen, wie allgegenwärtig Mathematik oder zumindest deren Philosophie ist. Das Ziel der Mathematik in der Schule ist nicht unbedingt, dir beizubringen, wie man quadratische Gleichungen löst, sondern vielmehr, dir ein bestimmtes Denken näherzubringen: Es geht darum, von A nach B in Schritten zu gelangen, also große Probleme in kleine zu zerlegen – eine Eigenschaft, die ständig von jedem Menschen gefordert wird.

Viele Schüler würden widersprechen. Was meinst du, woran das liegt?

Ich glaube, es liegt daran, dass einerseits diese Philosophie nicht so offensichtlich ist, wie man denkt, und andererseits natürlich mit Mathematik viel Frust verbunden wird. Die meisten Menschen sind sich bewusst, dass man eine Sprache nur lernen und meistern kann, wenn man sich viel damit beschäftigt und ständig übt – diese Erkenntnis fehlt bei der Mathematik oft.

Wie kann eure App hier helfen? Kannst du uns kurz erklären, was eure App kann?

Math 42 versucht, Lernenden an jeder Stelle im Lernprozess den Frust zu nehmen, und geht dabei wie ein Nachhilfelehrer vor: Hat der Schüler eine Aufgabe, die er nicht versteht, kann er diese in Math 42 eingeben. Er wird dann in drei Schritten durch die Aufgabe geführt:

1) Er kriegt Vorschläge, wie er die Aufgabe lösen könnte. Dies wirkt dem „Wie soll ich denn jetzt anfangen“-Syndrom entgegen.

2) Hat er sich für einen Vorschlag entschieden, wird ihm die Lösung Schritt-für-Schritt erklärt. Versteht er einen Schritt nicht, kann er sich Unterschritte anschauen.

3) Versteht er einen Begriff nicht, kann er sich diesen durch Definitionen und Beispiele erklären lassen und sich Konzepte darüber durch interaktive Graphen veranschaulichen lassen. Wir haben darüber hinaus einen Test und Trainingsmodus implementiert, um Stärken und Schwächen zu identifizieren und sie dann präzise anzugehen.

Weißt du, ob eure App auch von Lehrkräften genutzt wird?

Wir merken an den Rückschriften und dem Fakt, dass Math 42 inzwischen auf knapp 300.000 iPads in Schulen ist, dass gerade Lehrer Math 42 lieben. Warum? Weil Math 42 ihnen ermöglicht, sich auf das zu fokussieren, was ihnen wichtig ist: Schülerinnen und Schülern bei Problemen individueller helfen zu können.

Wie kann Math 42 in Zukunft den Mathematikunterricht bereichern?

Das aktuelle Problem ist, dass Bildung zu einem Massenprodukt geworden ist. Ein Lehrer hat 30 Kinder in einer Klasse und kann in 50 Minuten nicht auf alle einzeln eingehen. Math 42 versucht, ihm mehr Zeit dafür zu geben, indem es ihm Vieles erspart, was mechanisch und langwierig ist. Math 42 hilft aber auch Schülern im Unterricht. Durch den Ansatz von Math 42 kann jeder Mathe individuell in seinem gewünschten Tempo lernen: Versteht ein Schüler etwas nicht, kann er sich Begriffe und Konzepte nochmals erläutern lassen. Umgekehrt können die, denen etwas leicht fällt, bestimmte Sachen überspringen. In Zukunft wollen wir dem Lehrer auch Instant Feedback geben, damit er schneller darauf reagieren kann, ob ein Einzelner oder sogar die ganze Klasse etwas verstanden hat – oder eben nicht.

Maxim und Raphael Nitsche leben in Berlin und entwickeln dort die App Math 42. Sie werden am 3. und 4. Dezember 2015 ihre App auf dem #excitingEDU_Kongress (lehrerkongress.excitingedu.de) in Berlin vorstellen und für Gespräche zur Verfügung stehen.

Links: www.math-42.com

Dieser Artikel zunächst im MINT Zirkel.