Sechs Fragen zu digitalen Medien im Unterricht an Miriam Gronert

Sechs Fragen zu digitalen Medien im Unterricht an Miriam Gronert
10
Sep

Miriam Gronert ist Biologie- und Chemielehrerin an der Gesamtschule im Gartenreich e.G. in Oranienbaum-Wörlitz. Ihr vielfältiges Engagement für den Einsatz neuer Medien im Unterricht ließ bereits zahlreiche innovative Schülerinnen- und Schülerprojekte entstehen. Im Interview erzählt uns Miriam Gronert von den Potenzialen neuer Medien für die Unterrichtsgestaltung und ihren Erfahrungen in der Umsetzung.

Neue Medien im Biologie- und Chemieunterricht

1. Ob Skype-Konferenzen mit Schulklassen aus aller Welt, lokale Projekte mit Geocaching oder die didaktische Entwendung von Computerspielen – Ihre Verwendung von neuen Medien im Unterricht zeichnet sich durch große Experimentierfreude aus. Wie bewerten Sie die Integration neuer Medien an der Schule und speziell im Biologie- und Chemieunterricht?

Experimentierfreude gehört zu meinen Fächern dazu. In den Sprachen, gesellschafts- oder geisteswissenschaftlichen Fächern kann man die genannten Methoden teils auch unabhängig von den inhaltlichen Fakten gut zum Training der Kommunikations- und Reflexionskompetenzen einsetzen. Im naturwissenschaftlichen Unterricht müssen dagegen auch andere Fertigkeiten und Fähigkeiten wie zum Beispiel die experimentelle Methode geübt werden. Naturwissenschaftliche Denkweisen basierend auf erarbeiteten Fakten dürfen ebenfalls nicht vernachlässigt werden. Ich empfinde es als große Herausforderung, neue Medien in meinem Unterricht einzusetzen und versuche daher oft, fächerübergreifende Projekte zu initiieren. Das hat den Vorteil, dass die Methode nicht zum Selbstzweck verkommt und die scheinbar abstrakten Naturwissenschaften in einen Alltagsbezug gestellt werden.

Computerspiele im Unterricht

2. Ein Projekt, das Sie mit Ihren Schülerinnen und Schülern umsetzten, basierte auf der Verwendung der beiden populären Computerspiele Minecraft und Die Sims. Können Sie uns etwas über das Projekt erzählen?

Das Projekt sollte die Schüler dazu bringen, über ihre Zukunft zu reflektieren. Die Eingangsfrage lautete: Wie möchte ich leben? Vielen Schülern fiel es sehr schwer, sich dazu zu äußern oder schon allein über so eine abstrakte, offene Frage nachzudenken. Sie hatten die Möglichkeit, ihre Zukunft spielerisch zu gestalten, indem sie mit Minecraft, den Sims oder einfach mit Schuhkartons, Farbe und anderen Materialen ihr persönliches Traumhaus oder ein gemeinschaftlich genutztes Objekt gestalteten. In der abschließenden Präsentation konnten sie so ihre Gedanken viel besser in Worte fassen, da sie in der Erarbeitungsphase oft gemerkt haben, was ihnen wichtig ist und worauf sie weniger Wert legen.

3. Während bestimmte Programme und Apps – etwa für die Präsentation von Unterrichtsergebnissen – inzwischen Standard sind, ist der Einsatz von Computerspielen gewissermaßen Neuland. Wo sehen Sie in diesem Bereich weitere Potenziale?

Bisher stoße ich fast überall auf positive Resonanz bezüglich des Einsatzes von Computerspielen im Unterricht. Digital Game-based Learning ist ja auch wirklich kein neues Phänomen, seit langen schon existieren viele qualitativ hochwertige Simulationen und Serious Games, die sich in die Tradition der Nutzung herkömmlicher Spiele in der Bildung einreiht. Die Potenziale der Nutzung von Computerspielen sind natürlich, dass dieser Weg des Lernens für viele Schüler sehr lustbetont ist und man sie dort abholt, wo sie auch außerhalb der Schule viel Zeit verbringen.

4. Reduzieren sich digitale Medien in der Schule damit nicht auf „Daddeln“?

Natürlich nicht. Der Einsatz der Computerspiele muss wohlüberlegt und zeitlich akzentuiert sein, damit es eben nicht beim einfachen „Daddeln“ bleibt. Zusätzlich muss man sich bewusst sein, dass dies für manche Schülertypen ein völlig ungeeigneter Weg zur Wissensaneignung oder Training von Kompetenzen sein kann, auch deshalb ist es so wichtig eine Vielfalt an Methoden anzubieten.

Lehrerinnen und Lehrer und soziale Medien

5. Sie selbst verwenden auch zahlreiche soziale Medien – von Facebook über LinkedIn bis hin zu Twitter. Wie reagieren Ihre Schülerinnen und Schüler darauf, dass auch ihre Lehrerin twittert und den „Gefällt mir“-Button klickt?

Meine Schüler haben zuerst durch Zufall herausgefunden, dass ich bei Instagram vertreten bin, daraufhin fanden sie „Frau Gronert total fresh!“, ich bekam jede Menge Likes und Follower, sie luden mich in ihren Klassenchat bei WhatsApp ein und einige wenige schickten mir Freundschaftsanfragen bei Facebook. Ich werte das als Zeichen ihres Vertrauens und habe mich darüber gefreut. Die Schüler nutzen die Kontakte manchmal, um mir Fragen zur Schulorganisation zu stellen. Für mich ist das ganz angenehm, ich kommuniziere auch mit Eltern über WhatsApp und Mail, da ich so im Gegensatz zu einem Telefonat selbst bestimmen kann, wann ich darauf antworte. Meine Posts werden von den Schülern zur Kenntnis genommen, öfter auch geliked aber nur selten kommentiert. Viele von ihnen nutzen Social Media vorwiegend rezeptiv als Konsument – das Erstellen eigener Inhalte geht kaum über das Posten von Selfies hinaus.

6. Bleiben wir bei den sozialen Netzwerken: Wie bewerten Sie den Austausch zu neuen pädagogischen und didaktischen Konzepten unter Lehrerinnen und Lehrern in Deutschland?

Ich stehe mit vielen Lehrerkollegen aus dem In- und Ausland und mit Medienpädagogen zum Beispiel über Facebook im Austausch und empfinde das als sehr bereichernd. Dazu wie intensiv diese Möglichkeiten aktuell an den Universitäten genutzt werden, kann ich leider nichts sagen. Während meiner Referendariatsausbildung haben wir uns in unseren Gruppen rege auch mithilfe neuer Medien ausgetauscht, nach dem Abschluss hörte das jedoch auf. Ich vermute, dass viele Lehrerkollegen stark in ihren alltäglichen Aufgaben gefangen sind und sich so wenig Zeit für den Austausch zu neuen Konzepten nehmen können.

Über Miriam Gronert:

“Eigentlich braucht jedes Kind drei Dinge:
· es braucht Aufgaben, an denen es wachsen kann,
· es braucht Vorbilder, an denen es sich orientieren kann und
· es braucht Gemeinschaften, in denen es sich aufgehoben fühlt.”
(Prof. Dr. Gerald Hüther, Neurobiologe)

Miriam GronertMiriam Gronert ist Lehrerin für Biologie und Chemie und Klassenleiterin an der GiG “Gesamtschule im Gartenreich e.G.” in Oranienbaum-Wörlitz in Sachsen-Anhalt. Sie ist der Meinung, dass Medienbildung ein elementarer Bestandteil von Unterricht sein muss. Es gibt keinen Unterricht und kein Lernen ohne Medien. Weil digitale Kommunikationsformen auch für Jugendliche immer wichtiger werden, darf sich die Schule nicht vor dem Umgang mit Neuen Medien scheuen. In ihrem Blog berichtet sie vor allem über ihre Erfahrungen vom Einsatz neuer Medien im Unterricht.